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  • ABV stellt neues Rechtsgutachten vor

“Die 1995 gefestigte „Friedensgrenze“ zwischen den berufsständischen Versorgungswerken und der gesetzlichen Rentenversicherung ist verfassungskonform.

Der Bundesgesetzgeber verfüge über keinerlei Gesetzgebungskompetenz zur Abschaffung des Befreiungsrechts angestellt tätiger Freiberufler von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine solche Maßnahme sei verfassungswidrig, weil die Regelung der berufsständischen Versorgung ausschließlich Ländersache gem. Art. 70 GG ist. Insbesondere das von den berufsständischen Versorgungswerken mehrheitlich verwendete Finanzierungsverfahren „Offenes Deckungsplanverfahren“, welches eine Mittelstellung  zwischen dem Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Anwartschaftsdeckungsverfahren der privaten Lebensversicherung einnehme, sei zwingend auf den Zugang der nachwachsenden, in aller Regel noch angestellt tätigen Angehörigen der Freien Berufe angewiesen. Ein Zugangsstop, wie er teilweise gefordert werde, würde zu deutlichen Leistungsreduktionen sowohl für Rentner wie für Anwartschaftsberechtigte führen und verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz des Art. 14 GG.“

Das sind die Kernthesen eines Gutachtens*, das Prof. Dr. Rupert Scholz (Berlin/München) für die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. (ABV) angefertigt hat und das jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Ein Wegfall des Befreiungsrechts, so Scholz, verletze auch die Versorgungswerke selbst in ihrem Eigentumsrecht gemäß Art. 14 GG in Verbindung mit Art. 19 III GG. Die (aktuellen wie potentiellen) Neumitglieder der berufsständischen Versorgungswerke würden, so der Gutachter, zwar nicht in ihrem Eigentumsrecht gemäß Art. 14 GG, aber in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 I GG in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG verletzt. Dies deshalb, weil die berufsständischen Versorgungswerke auf dem verfassungsrechtlich gefestigten Berufsbild des "Freien Berufs" basierten. In dieses Berufsbild dürfe - auch im Bereich der berufsständischen Versorgung - nicht durch gesetzgeberische Maßnahmen eingegriffen werden, die das allgemeine berufsverfassungsrechtliche Homogenitätsverbot verletzten. Dies wäre jedoch im Fall einer gesetzlichen Zugangssperre für Neu-Mitglieder der Fall. Des weiteren ist Prof. Scholz Ansicht, dass eine gesetzliche Zugangssperre für angestellt tätige Freiberufler gegen den Verfassungsgrundsatz der Systemgerechtigkeit in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG verstoßen und ein Wegfall des Befreiungsrechts für angestellt tätige Freiberufler einen Tatbestand der unechten Rückwirkung verkörpern würde, der mit dem allgemeinen rechtsstaatlichen Vertrauensschutz nicht zu vereinbaren wäre..

* „Berufsständische Altersversorgung und gesetzliche Rentenversicherung: Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen gesetzgeberischer Umgestaltung.“ - Rechtsgutachten von Prof. Dr. Rupert Scholz (Berlin/München), Januar 1999; das Gutachten wird nach Drucklegung veröffentlicht werden.